Interview: #Crowdfunding

Ilona Orthwein1Die Finanzierung von Gründungs- und Projektideen über die klassischen Hausbanken ist nicht immer einfach. Eine Lösung bietet hier das Crowdfunding. Ich habe mit Ilona Orthwein gesprochen, die mit der prämierten Plattform Unternehmerinnen.org vor zehn Jahren Pionierin im Web 2.0 war und als eine der wenigen weiblichen Expertinnen für webgestützte Finanzierungsmethoden gilt.

NAME: Ilona Orthwein
BERUF: Unternehmensberaterin
Drei Wörter/Eigenschaften, die mich beschreiben: analytisch, strukturiert, lösungsorientiert
Mein Lieblings-Gadget/meine Lieblings-App: MyTaxi und Telegram
Meine Lieblingswebseite: www.unternehmerinnen.org
Meine eigene Webseite: www.orthwein-beratung.de

Frau Orthwein, Sie haben sich intensiv mit dem Thema „Crowdfunding“ beschäftigt und ein Buch dazu geschrieben. Bitte erklären Sie uns: Was ist Crowdfunding und wie funktioniert es?
Crowd meint die Gemeinschaft der Internetuser und Funding bedeutet schlichtweg Finanzierung. Wenn also aus der Gemeinschaft der Internetuser Geldmittel (via Internet) zur Verfügung gestellt werden, um einen bestimmten Zweck, ein Projekt oder ein Unternehmen zu finanzieren, spricht man von Crowdfunding.

Wer kann Crowdfunding nutzen?
Das Instrument Crowdfunding kann im Prinzip jede/r nutzen, sofern er oder sie meint, für das entsprechende Anliegen genug Menschen im Netz finden zu können, die es finanziell unterstützen und er / sie den Abwicklungsprozess organisatorisch und rechtlich sicherstellen kann.

Welche Vorteile bietet mir Crowdfunding als Geldnehmer aber auch als Geldgeber?
Direkte Vorteile für diejenigen, die Geld brauchen, sind, dass sie an Finanziers für ihr Projekt kommen, die sie auf normalem Wege, sprich offline vermutlich nie kennengelernt hätten. Zugleich ist es eine gute PR für das eigene Projekt, manchmal gar Bestandteil einer guten Marketingstrategie. Für die Geldgeber bieten sich Chancen, in Vorhaben zu investieren, von deren Zustandekommen sie z. T. unmittelbar profitieren können, die aber ohne ihre finanzielle Mitwirkung kaum eine Chance hätten. Da die Geldbeträge überschaubar sind, gilt das Prinzip, dass viele Kleine ein großes Ganzes gemeinsam realisieren.

Woran kann ich seriöse Crowdfunding-Portale erkennen?
Bei den Crowdfunding-Portalen sollte man sich anschauen, wer dahinter steht, welche Fundings sie schon erfolgreich durchgeführt haben und wie die Konditionen sind. Auch wichtig finde ich, wie transparent und verständlich alles ist. Funding-Portale sind letztlich Dienstleister und bei einer Dienstleistung kommt es mir persönlich immer auf Qualität, Zuverlässigkeit und Preis-Leistungs-Verhältnis an.

Bitte nennen Sie drei Do’s und Don’ts, die es im Hinblick auf Crowdfunding zu beachten gibt.
Do’s: 1. Web 2.0- Affinität ist die Basis. Crowdfunding läuft über das Web bzw. die sozialen Medien und muss entsprechende kommunikativ begleitet werden. 2. Crowdfunding braucht ein durchdachtes Projekt- bzw. Unternehmenskonzept (Was soll wie von wem warum und in welchem Zeitraum finanziert werden?) 2. Die Crowdfunding-Summe muss richtig kalkuliert sein, damit es am Ende keine Enttäuschungen gibt, weil sich die Idee nicht realisieren lässt.
Dont’s: 1. Crowdfunding als „Selbstbedienungsladen, wo die Kasse nicht besetzt ist“ zu betrachten, funktioniert nicht, denn die Crowd und das Internet vergessen bzw. verzeihen so schnell nichts, 2. Die Arbeit, die eine Crowdfunding-Kampagne macht, zu unterschätzen. Manchmal ist es leichter, sich Geld auf anderem Weg zu beschaffen. 3. Die (steuer-)rechtlichen Folgen nicht zu beachten, kann u. U. teuer zu stehen kommen.

Was glauben sie, welche Auswirkungen Crowdfunding in Zukunft auf die klassische Bankenwelt haben wird?
Die Banken sind nach meiner Beobachtung fleißig dabei, den Crowdfunding-Markt nicht nur zu beobachten, sondern sich auch mit eigenen entsprechenden Angeboten einzubringen. Das können eigene Plattformen sein oder auch die Bereitstellung von Abwicklungsservice. Sogar Direktinvestitionen in Crowdfunding-Portal-Gesellschaften hat es inzwischen schon gegeben.

Ist Crowdfunding geeignet neue Berufsfelder zu kreieren? Wenn ja, welche könnten das sein?
Gibt es schon; neben den Plattformen bzw. Ihren Betreibern bildet sich ein gewisser Markt an Spezialisten für Kampagnenberatungen heraus; teilweise integriert in die Betreibergesellschaften der Plattformen. Kommunikations- und PR-Berater, Finanz- und Unternehmensberater, aber auch Rechtsanwälte und Steuerberarter haben gemerkt, dass sie über Crowdfunding Bescheid wissen müssen, so ist schon ein gewisser Markt an Schulungen, Informationsschriften etc. entstanden. Wenn es so weiter geht, wird es bald in jeder Bank und bei jedem Finanzdienstleister, Crowdfunding-Expert/innen geben, ebenso im Bereich der großen und kleinen Marketingagenturen.

Und zum Schluss noch ein kleines Spiel. Ich sage Ihnen einen Begriff und Sie sagen mir, was Ihnen als erstes dazu durch den Kopf geht:

  • Unternehmertum: als mittelständisches das Rückgrat einer jeden Volkswirtschaft
  • Euro: Warten wir ab, wohin es noch geht.
  • Schwarm: Gehört ins Tierreich, “Schwarmfinanzierung” ist ein alberner Begriff
  • Angst: lähmt und schadet oft
  • Deutschland: ist keine Insel
  • Ich: gebe mein Wissen und meine Erfahrung gerne weiter
  • Beruf: heute mehr denn je dem Wandel unterlegen

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